*Es geht wieder aufwaerts mit der dt. Forschung???*
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich fuer die genannte Juniorprofessorin, dass Sie in
Deutschland Karriere gemacht hat. Nur wird mit dieser Meldung einer von
1000 Faellen herausgegriffen, wo eine hoffnungsvolle junge
Nachwuchswissenschaftlerin eine feste Stelle in der dt. Forschung
bekommen hat. Die wissenschaftliche Reaiitaet fuer junge dt. Forscher
sieht leider nach wie vor anders aus.
Ich darf das kurz an meinem eigenen Beispiel demonstrieren: seit 1992
habe ich als Doktorand und als Postdoc 5 1/2 Jahre in drei verschiedenen
Staaten im Ausland verbracht. Im Jahr 2000 habe ich das Angebot eines
Max-Planck-Instituts in Deutschland auf eine zeitlich befristete Stelle
angenommen. Gemaess einer kuerzlich veroeffentlichten DFG-Studie, s.
http://www.dfg.de/dfg_im_profil/zahlen_und_fakten/statistisches_berichtswesen/stip2004/index.html
in der auf `eine ueberraschend hohe Zahl von Wissenschaftlern
hingewiesen wurde, die nach Deutschland zurueckgekehrt sind', gelte ich
somit als `Rueckkehrer'.
Leider wurde in dieser Studie nicht gefragt, ob diese Personen auch eine
feste Stelle und damit eine Zukunft im dt. Wissenschaftsbetrieb haben.
In meinem Fachgebiet habe ich seit mehr als einem Jahr keine
Ausschreibung mehr auf eine passende langfristige Stelle in Deutschland
gesehen. Dementsprechend werde ich diesen Sommer wieder ins Ausland
ziehen, und zwar auf eine Position an einer Universitaet in
Grossbritannien. 1/3 der Bewerbungen auf diese Stelle stammte von
Deutschen. Am Fachbereich selbst werde ich der fuenfte Deutsche sein,
drei davon sind in den letzten zwei Jahren ausgewandert. Ein Kollege
erzaehlte mir, dass an seine englische Uni acht Deutsche emmigriert
sind. Die Englaender freuen sich ueber diese exzellenten Lehrkraefte,
schuetteln aber ueber das dt. Wissenschaftssystem nur noch den Kopf.
Ein Land, dass es sich leisten kann, seinen hochqualifizierten
wissenschaftlichen Nachwuchs mit teuren Steuergeldern langjaehrig
auszubilden, um ihn dann scharenweise ins Ausland abwandern zu lassen,
dem kann es doch intellektuell und wirtschaftlich gar nicht schlecht
gehen! Oder wie es ein dt. Professor ausdrueckte, dieser brain drain
zeugt von der hohen Qualitaet der dt. Forschung... Mein Eindruck ist,
dass in Deutschland lieber 100 Computer gekauft werden, anstatt eine
permanente Stelle fuer einen jungen Wissenschaftler zu schaffen.
Ich wuerde Sie daher ermuntern, einen kritischeren Artikel zur Situation
des dt. wissenschaftlichen Nachwuchses zu verfassen, anstatt eine
Schoenfaerberei des entsprechenden Bundesministeriums weitestgehendst
unreflektiert zu uebernehmen. Viele junge Wissenschaftler wuerden es
Ihnen danken.
Mit freundlichen Gruessen,
Rainer Klages